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TRANSITION
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Anlass zu dieser Ausgabe ist der im Juli 2002 stattfindende XXI. Weltkongress der Architektur in Berlin. Dort wird der Umgang mit „Urbanen Ressourcen" behandelt. Dieses Thema greifen wir auf und fragen nach dem Umgang mit der bestehenden Stadt. Die Sichtweise der existierenden Stadt als „Ressource" kommender Entwicklungen sehen wir als Vorschlag zur Diskussion über die Stadt- und Raumplanung, die momentan auch an der ETH-Zürich geführt wird.

In den 50er Jahren machte Ernesto Nathan Rogers das Thema der bestehenden Stadt zum zentralen Thema der Zeitschrift Casabella continuità. Unmittelbar zuvor war auf dem CIAM in Hoddesdon die Frage der Definition neuer Stadtzentren behandelt worden. Damals schlug man vor, die historischen Stadtzentren Italiens als ideale Vorbilder für kommende demokratische Platzanlagen zu studieren. Die Versuche, ihre unbestreitbaren Qualitäten in neueStädtebauprojekte zu übersetzen, führten in den frühen 60er Jahren zu Neuinterpretationen des Campo von Siena als Platz vor der Boston City Hall oder des römischen Campidoglio als Zentrum des New Yorker Lincoln Center. Mit ihrem überzogenen Pathos lieferten sie die Angriffspunkte für die Kritik von Robert Venturi und Denise Scott Brown. Selbst ursprünglich vom Studium Roms ausgehend, forderten sie, den Blick auf die amerikanische Stadt der Gegenwart zu richten.

In Europa verstärkte das Dogma des „Zoning" die Aufspaltung der Stadt in „historische" Zentren für den Tourismus und „neue" Wohn- und Industriegebiete. Seit den 60er Jahren wurde die Problematik dieser Entwicklung immer offensichtlicher. Unter den Kritikern dieser Entwicklung war Aldo Rossi, der bereits ab 1960 in einer Reihe von Artikeln in Casabella continuità diese Situation kritisierte. Statt die Stadtzentren als „historische Ambiente" für den Tourismus zu konservieren oder New Towns zu errichten, forderte er, die bestehenden Städte für die Gegenwart umzubauen. Er machte deutlich, dass sie dazu nicht ersetzt werden mussten, sondern dass sie immer wieder neue Funktionen aufnehmen konnten.

Rossi kombinierte seine Entwürfe mit historischen und strukturellen Untersuchungen der Stadt. So erarbeiteten seine Studenten an der ETH-Zürich 1973 einen Plan, der die Grundrisse sämtlicher Häuser der Zürcher Innenstadt erfas- ste. In einer weiteren Untersuchung dehnte er zusammen mit Eraldo Consolas- cio und Max Bosshard seine Betrachtungen auf eine ganze Region aus. In der 1979 veröffentlichten Studie des Kantons Tessin wurden die bisherigen Typologiestudien mit Luftbildern, Aufrisszeichnungen und Topographieschnittenergänzt.

In den 80er Jahren wurde jedoch deutlich, dass dieser Weg nicht ausreichte. Betrachtete man andere Regionen als das Tessin mit seiner seit Jahrzehnten fast unveränderten Struktur, stellte man fest, dass sich in vielen Teilen Westeuropas Einfamilienhaussiedlungen und Gewerbeparks ausgebreitet hatten.Diese Situation liess sich weder durch typologische Studien historischer Siedlungsstrukturen, noch durch neue Monumente in den Griff bekommen. 

An dieser Stelle setzt unser Heft ein, in dessen Mittelpunkt die Interviews mit den Architekten Marcel Meili und Elia Zenghelis stehen. Marcel Meilibeschreibt, wie er in den späten 80er Jahren die Untersuchungsmethoden Aldo Rossis hinter sich liess. Im 1999 gegründeten Studio Basel der ETH-Zürich, das er zusammen mit Roger Diener, Pierre de Meuron und Jacques Herzog leitet, werden wie bei Rossi Entwurf und Analyse verbunden. Zu den typologi- schen Untersuchungen und der Betrachtung von Photos und Landkarten ist das Sammeln und Auswerten vielfältiger statistischer Daten gekommen, womit das Studio Basel seine Arbeitsweise um Methoden erweitert, die ebenfalls von Stephano Boeri und Winy Maas benutzt werden und deren Ursprünge sich beim Office for Metropolitan Architecture in den frühen 80er Jahren finden lassen.

Dies ist die Verbindung zu unserem Interview mit Elia Zenghelis, der zur Zeit als Gastprofessor an der ETH-Zürich lehrt. Zenghelis gründete zusammen mit Rem Koolhaas und Zaha Hadid das Office for Metropolitan Architecture. Er erläutert wie die Arbeitsmethoden ihres Büros entstanden und warum er sich 1987 von ihnen abwandte. Dem Ansatz städtebauliche Projekte ausschliesslich aus „Programmen" zu entwickeln, hält er entgegen, dass die Architektur ihre Programme überdauert, also permanent ist. Gegen die heute populäre Gleichsetzung von Stadt und Landschaft führt er an, dass es weiterhin einen wahrnehmbaren Unterschied zwischen einer „Urbanen Kondition" und einer Stadt gibt. Ohne nostalgische Sehnsucht sucht er nach Möglichkeiten, die bestehende Stadt mit zeitgenössischer Architektur weiterzubauen.

Die unterschiedlichen Standpunkte von Marcel Meili und Elia Zenghelis erscheinen uns gleichermassen wichtig, da sie von einem offenen Blick auf die heutige Realität ausgehen. Obwohl sich Zenghelis als Globalizer versteht, hält er es für entscheidend, regionale Unterschiede ernst zu nehmen. Marcel Meili betont als skeptischer Modernist den ungebrochenen Einfluss von Mythen, mit denen sich das Studio Basel auseinandersetzt, sei es, um sie ironisch infrage zu stellen oder positiv zu integrieren.

Im zweiten Teil des Heftes werden spezifische Situationen in den USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Griechenland und der Schweiz untersucht. Dabei zeigen sich sehr unterschiedliche Probleme und mögliche Lösungsansätze.

Aus unserer Sicht ist die Auseinandersetzung mit der bestehenden Stadt und ihrer Geschichte unumgänglich. Als mögliche „urbane Ressourcen" verstehen wir nicht nur die „historischen" Baudenkmäler der Altstädte, sondern neben den momentan umgenutzten Industriequartieren, auch die riesigen und häufig schwierigen Quartiere und Einzelbauten der 60er und 70er Jahre, deren Potential es heute herauszuarbeiten gilt.

Published in July 2002

Contributors

Hendrik Tieben, Marcel Meili, Vittorio Magnago Lampugnani, Xavier Calderon, Marc Angélil, Wolfgang Sonne, Laurent Stalder, Katia Accossato, Alberto Alessi, Ingemar Vollenweider, Elia Zenghelis, Charles Waldheim, John Clammer, Tomoko Kuroda, Stephan Renner, Philipp Oswalt, Jochen Meyer, Eva Herr, Dewi Cisek, Stefan Meißner, Périphériques, Dietrich Erben, Anastasia Paschou, Philip Loskant, Oliver Martin, Tibor Joanelly, Lilian Pfaff

Editorial Team

Sandra Bär, Tipje Behrens, Harald Bindl, Claudia Dische, Michael Reber, Stephan Renner, Aurel von Richthofen, Hendrik Tieben


Table of content

Von Schanze zu Schanze schauen : ein Gespräch mit Marcel Meili

Gedankensplitter : zu einer neuen städtebaulichen Disziplin

Condensing sprawl

Hybrid morphologies : infrastructure, architecture, landscape

Angemessenheit : 9 Punkte zum Städtebau heute

Towards a theory of borders

What do we mean when we speak of existing city? Which past is our past? How do we choose it? Why not another?

Reconstructing reality

Taking positions : a conversation with Elia Zenghelis

Motor city

The Asian city in the urban transition

The addressed city issues in metabolism : the background to the organic city in Japanese in the 1980

Konjunktur der Schönheit

Berlin, Stadt des 20. Jahrhunderts

Vom Leben der Stadt : und was die Architektur dazu beitragen kann

Transformationen : urbane Strukturen in Dresden: Löbtau, Gorbitz, Gompitz

Die erfahrbare Stadt

Pink ghost

Umsturz der Politik und Umbau der Stadt : Paris unter Napoleon I

Less aesthetics, even less ethics : Athens and its unusual modernity

Revival of the fittest : or: "Learning from New Delhi"

Kylie Minogue und Alain Souchon : oder die bestehende Stadt als Zwischenresultat einer pluralen Transformation

Evoluten

Des Städters Bergdorf : "Oh Heimatland, oh mein Bündner Land, wie gut verkaufst Du Dich im schicken Bergler-Gewand"