Lieber Rem,

Du bist ein Whistleblower unter Architekten: Von der Berliner Mauer bis zum KaDeWe deckst du die Kuriositäten unserer Gesellschaft auf.

Du hast den Zweifel in der Architektur nicht nur sichtbar gemacht, du hast ihn akzeptiert und als Entwurfsmethode umgesetzt. Nicht nur das, du hast ihn kommerzialisiert. Hätten wir mit dir ein Gespräch über Zweifel geführt, würden wir fragen, ob du Idealist oder Pragmatiker bist. Wir hätten dich gefragt, wo die Grenze zwischen Sichtbarmachen und reiner Polemik liegt. Wir hätten dich gefragt, ob das Sichtbarmachen des Verdeckten ein Lösungsansatz ist. Doch unsere Erwartungen werden nicht immer erfüllt.

Du konntest keine Zeit für ein Gespräch mit uns finden. Niemand hat Zeit - auch du nicht. Nun haben wir selbst einen Schritt gewagt und konnten einige Zweifel enthüllen: Die Grenzen unserer Gesellschaft abtastend, stellten wir unsere Stabilität in Frage. Im humanistischen Sinn wurde über Ethik, Freiheit und Zwänge diskutiert. Ökonomische Modelle wurden hinterfragt.

Die Umwelt und der Klimawandel wurden analysiert, in der Hoffnung, eine Haltung zu entwickeln. Die Architektur als Disziplin, den Raum und seine Nutzung haben unsere Autoren untersucht. Wir haben unsere Lehre in Frage gestellt, nicht um des Pessimismus willen, sondern um neue Perspektiven zu sehen. Durch all die Zweifel versuchten wir, einen Abriss unserer Gegenwart zu skizzieren. Doch niemand hat die Zeit selbst in Frage gestellt, niemand hat an der Zeit gezweifelt - unsere Erwartungen werden nun

mal nicht immer erfüllt.

Hätten wir dich getroffen, fragten wir, ob deine Strategie, ob deine Zweifel noch zeitgemäss sind. Was hättest du uns wohl gesagt, Rem? Hättest du unsere Zweifel ausräumen können?

Deine trans Redaktion